Der Südsudan, eines der ärmsten Länder der Welt, ist Schwerpunktland des BBM. Um die Situation im Südsudan besser zu verstehen, teilen wir gerne folgende Links zu Berichten und Videos von unseren Projekt-Partnern im Südsudan:
Das St. Francis Krankenhaus in Marial Lou ist das größte in dieser Region. Das Krankenhaus hat sich von einem Notfall-Krankenhaus zu einem permanenten Krankenhaus für die umgebenen Gemeinden verwandelt. Aber auch die Nummer der Patienten ist über die letzten Jahre konstant gestiegen.
Die ausgehändigten Strukturen von „Ärzte ohne Grenzen“ sind nicht- oder halb-permanente Bauten. Die Lebenserwartung von solchen Strukturen liegt normalerweise zwischen 3 und 15 Jahren. In diesem Zeitraum müssen alle Gebäude renoviert oder erneuert werden.
Der existierende Operationssaal ist ein nicht-permanentes Gebäude, in welchem Lehmziegel für die Wände, ungeeignete Böden, Decken und Dach-Bauten verwendet werden. Geöffnete Fenster sind das einzige Lüftungssystem. Mit dieser Situation ist es nicht möglich die Mindesthygienestandards zu erfüllen.
Der neue Operationssaal ist nach internationalen Hygienestandards und -normen geplant. Die größten technischen Aspekte sind:
Patienten-Handhabungs-Kreislauf:
Es gibt einen abgetrennten Patienten-Handhabungs-Kreislauf, welcher
Angestellten-Kreislauf:
Ausrüstungs- / Material-Kreislauf:
Hohe Qualitäts-Baustandards:
Das Gebäude hat grundsätzlich zwei verschiedene Bereiche. Einer ist das Zentrum mit Klimaanlage und alle anderen Räume sind mit natürlicher Belüftung. Die Wände sind mit gebrannten Lehmziegeln (Ugandischer Lehm) von der Außenhitze isoliert. Die kalten Teile des Gebäudes bleiben durch Doppelwände kalt gehalten. Alle Böden sind mit speziellen Bodenfliesen und alle Wände mit speziellen Wandfliesen. Die Innenhöhe des Operationsaals ist die Standardhöhe 3m, damit noch Platz für spezielle Geräte und Kopflampen ist.
Dach – teilweise Flachdach:
Das Flachdach bedeckt die höheren Teile startend bei dem Vorbereitungsraum bis zum Ausgangsraum:
Alle Hilfsräume sind mit einem qualitativen Wellblech bedeckt. Photovoltaik-Paneele bedecken das Flachdach vollständig, damit sie genug Energie an die Kühlgeräte liefern können, und auch an das Operationsaal Batteriesystem.
Türen und Fenster:
Operationssaal-Belüftungssystem:
Photovoltaik System:
Der vorgeschlagene Operationssaal ist völlig selbstständig, es wird kein Generator oder ein anderer Stromgenerator, abseits von den Solar-Reihen, gebraucht. Das System besteht aus 14400 WP Solarfeldern, die 3 interaktive Netzwechselrichter versorgen. Für größere Solarsysteme, die Klimaanlagen versorgen, ist er besser den Solarstrom direkt in Belüftung (Air-Conditioning=AC) umzuwandeln. Deshalb werden diese Systeme „AC-Systeme“ genannt.AC Systeme haben eine höher Energieeffizienz im Vergleich zu anderen Systemen. Der Netzwechselrichter wandelt die Solarenergie direkt in AC um. Die übrige Energie, welche nicht von Klimaanlagen verwendet wird, wird für das Aufladen der Batterien verwendet.
Kühlgeräte:
Die Operationszeit in dem Operationssaal beruht auf den geplanten und den ungeplanten Operation im Krankenhaus. Theoretisch kann die elektrische Energie nur während Sonnenschein verwendet werden, meistens zwischen 8 Uhr früh und 5 Uhr Abends. Während dieser Zeit kann die elektrische Energie direkt verwendet werden (Licht, Lüftung, OP-Ausrüstung, Kühlkompressoren etc.) oder es wird in Batterien aufbewahrt. Das Kühlen beansprucht normalerweise sehr viel Strom, deshalb wird in diesem Konzept die Kühlenergie als kaltes Wasser in einem 5000 l Wassertank unter dem Boden des Operationsgebäudes aufbewahrt. Nachtoperationen können ohne den Gebrauch von elektrischem Strom für Kühlkompressoren /Belüftung gemacht werden.
Licht:
Flimmerfreies Licht ist für alle Räume geplant (energiesparend)
Elektronische Schutz-Schaltkreise:
Wasser und Abwasser:
Nach der Unabhängigkeit vom Sudan im Jahr 2011 dauerte der Frieden nur kurze Zeit an. Denn seit Dezember 2013 tobt im Land ein Bürgerkrieg. Vereinfacht gesehen handelt es sich um einen Konflikt zwischen zwei ethnischen Stämmen. Seit 2011 leben rund 18 Schwestern der Organisation DMI in der Region Wau und in der Hauptstadt Juba. Sie tragen dazu bei, das Bewusstsein für Frieden und Versöhnung zwischen den beiden Stämmen zu verbessern.
Das netzunabhängige PV-Solarsystem wurde entwickelt, um den DMI-Schwestern eine unterbrechungsfreie Stromversorgung zu ermöglichen. Es besteht aus 48 Solarmodulen, 10 Stapeln Greenrock AIB-Solarbatterien (mit 48Vcd 2,7 kWh), einem Notstromaggregat, einem Solarladegerät, Wechselrichtern und allem erforderlichen Zubehör für Installation und Erdung.
Das alte Lebensmittelgeschäft wurde umgebaut für die Lagerung der Batterien umgebaut. Die ausgewählten AIB-Solarbatterien sind langlebig, umweltfreundlich und beständig gegen hohe Außentemperaturen.
Der Technikraum umfasst:
Alle Geräte wurden gemäß den Vorschriften angeschlossen, programmiert und getestet. Die Leistungsabgabe an die verschiedenen Gebäude erfolgt über Erdkabel zu den verschiedenen Gebäuden, und alle Kabel sind zur einfachen Identifizierung gekennzeichnet.
Das Zentrum wurde mit der Grundfos-Tauchpumpe SQE 1-35 für eine konstante Wasserversorgung ausgestattet. CU 300 steuert gemeinsam mit einem Potentiometer für Grundfos CU 300-SPP1 die Pumpe, um den Durchfluss und den Wasserstand zu regulieren. Die anfänglichen PVC-Steigrohre wurden wiederverwendet und die gesamte Aktivität war erfolgreich.
Das Zentrum wurde mit einem GENMAC-Generator Urban RG8PS (8,0 kVA-230 VAC) als Notstromversorgung für das Solarsystem ausgestattet. Der Generator wird mit dem Signal vom programmierbaren Relais der Victron-Farbsteuerung GX in den Automatikmodus versetzt. Weiters waren in der Lieferung die wichtigsten Ersatzteile.
Die Schule befindet sich in Rumbek, Lakes State, im Südsudan. Es ist die jüngste Nation der Welt, die 2011 nach einem Krieg mit dem Nordsudan unabhängig wurde.
Aufgrund des anhaltenden Bürgerkriegs, der 2013 begann, wurden viele der bereits unzureichenden Bildungsinfrastrukturen zerstört. Es mangelt an Schulen, qualifizierten Lehrern und Materialien.
Im März 2018 eröffneten die Brüder La Salle außerhalb von Rumbek eine Sekundarschule.
BBM lieferte für die Schule eine PV-Anlage, die aus 110 Sonnenkollektoren mit 300 Wp besteht und sorgfältig auf einer speziellen Dachbaugruppe mit speziellem Schletter-Zubehör für die Dachmontage in der Sendung montiert wurde. Einer der dem Krafthaus am nächsten gelegenen Klassenblöcke wurde ausgewählt, da er stark genug war, um das Gewicht der Paneele zu tragen.
Im obigen Bild von links nach rechts gibt es:
Die Ausrüstung wird in einem der Büros auf einer Stahlplatte montiert, die an den Metallkonstruktionen des Fertighauses befestigt ist.
Dieses besteht aus 9 AXI-Lithiumbatteriesätzen mit einer Leistung von 10 kW, die parallel in einer Gleichstrom-Kombinationsbox an der Wand so nahe wie möglich an den SMA-Wechselrichtern angebracht sind.
Das Schulsystem besteht aus drei 8-kW-Wechselrichtern/Ladegeräten von Sunny Island, die ausreichend Strom für zwei Wasserpumpen und die Schulgebäude liefern, d.h. Klassenblöcke, Schlafsäle und Lehrerquartiere. Die Überwachung erfolgt durch Powerdog und unter Verwendung eines Tablets neben dem Wechselrichter/Ladegerät.
Dieses besteht aus zwei Grundfos-Tauchwasserpumpen SQE 7-40, die in zwei verschiedenen Bohrlöchern östlich und westlich des Kraftwerks installiert sind. Bei den Pumpen ist die Steuerung CU300 in den jeweiligen Pumpenkammern installiert. Die Pumpen versorgen lokal geschweißte Tanks mit Wasser, deren Hauptversorgung mit der Schule verbunden ist, so dass sie gleichmäßig entleert werden. Die Stromversorgung wird durch eine Fotozelle gesteuert, die verhindert, dass die Pumpen die Batterie während der Nachtstunden entladen.
Die Gesundheitseinrichtung in Loreto ist die neueste des Kernprogrammes von Loreto Rumbek.
Besonderer Wert in der Gesundheitseinrichtung wird auf
gelegt.
Die Photovoltaikanlage besteht aus den drei Bereichen:
Der PV-Strom für die internen Schaltkreise besteht aus 21 Axitec-Solarmodulen mit 300 Wp, die mit Schletter-Montagematerialien auf dem Dach montiert werden. Das System ist über String-Anschlusskästen mit den Überspannungsschutzgeräten verbunden. Die Kühleinheit besteht aus vier Axitec-Solarmodulen mit 300 Wp und 2 Victron-Gel-Batterien. Der PV-Strom für das Pumpsystem besteht aus 7 Axitec-Solarmodulen mit 300 Wp.
In einem der Räume der Gesundheitseinrichtung wurden die Geräte installiert. An der Wand von links nach rechts: Wechselstromverteiler, Victron Multiplus 48/5000/70 – 100 230 Wechselrichter/Ladegerät, Lynx-Gleichstromverteiler (für Wechselrichter- und Solarladegeräte), zwei String-Anschlusskästen, Greenrock DC Combiner Boc (für die AIB-Batterien) und schließlich zwei Victron Blue Solar MPPT 150/85 Laderegler.
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Es gibt 5 Stapel Greenrock AIB Aqueos Ionenaustauschbatterien (Salzwasserbatterien) mit 48V dc und jeweils 2,7 kWh, die an der Ecke hinter der Eingangstür für diesen bestimmten Raum montiert sind. Die Vorteile dieses Batterietyps sind, dass sie umweltfreundlich sin (keine gefährlichen Materialen/Säuren enthalten) und gegen hohe Außentemperaturen beständig sind.
Besteht aus 2 unabhängigen Steca Solar Kühl-/ Gefrierschrank-Sets, vier 300Wp Solar-Paneelen sowie zwei Victron Gel Batterien.
Die Kühlschränke können so unabhängig betrieben werden. Die Kühleinheit wurde für die vorgesehene Verwendung programmiert. Einer ist für den Gefriermodus und der andere für den Kühlmodus gedacht.
Das Pumpsystem besteht aus der Grundfos IO 101, Grundfos CU 200 und der Überspannungsschutzgeräte. Das Bohrloch, in das die Pumpe abgesenkt wird, befindet sich etwa 25 bis 30 Meter vom Gebäude entfernt. Die Pumpe wurde von lokalen St Peter Claver Studenten gemeinsam mit ihren elektrischen als auch sanitären Ausbildern installiert.
Die Installation wurde von lokalen Studenten vom St. Peter Claver Ecological Training Centre gemeinsam mit einem Solar-Experten aus Uganda vorgenommen. Die Inbetriebnahme erfolgte im Beisein eines BBM-Technikers vor Ort.
45 Bananenschachteln, befüllt mit Sachspenden aller Art von Bettwäsche über Handtücher und Geschirr, verließen im Sommer 2019 per Schiff den Hafen Hamburg Richtung Mombasa in Kenia. Die Bananenschachteln wurden von der MIVA/BBM in einem Sammelcontainer mit technischen Gütern wie Solaranlagen und Wasserpumpen mitgeliefert.
Kurz vor Weihnachten erreichte der Container, nach einer Lastautostrecke von 2100 km und zweiwöchiger Fahrt auf teilweise unbefestigen Straßen, das Gästehaus in Rumbek. Voll Freude und mit großem Dank wurden die Sachspenden an das Team des Gästehauses überreicht.
Die St. Daniel Comboni TB, Lepra und HIV Krankenstation Marial Lou liegt im Norden des Südsudan im Verwaltungsbezirk Tonj Ost. Das Einzugsgebiet hat in etwa die Größe von Oberösterreich. Es ist die einzige derartige Krankenstation für die dortige Bevölkerung. Der Fokus liegt auf PatientInnen mit hochinfektiöser Tuberkulose, Lepra und HIV. Zusätzlich zur stationären Behandlung werden täglich PatientInnen ambulant behandelt und durch medizinisches Personal in den umliegenden Dörfern nachversorgt. Die Krankenstation verfügt über eine Bettenkapazität von 42.
Die Gebäude sind in einem sehr schlechten Zustand und stark renovierungsbedürftig. Das Kleinspital hat keine eigene Wasserversorgung, besitzt jedoch einen derzeit aus technischen Gründen unbenutzbaren Bohrbrunnen. Zur Stromversorgung steht ein kleiner Generator zur Verfügung, der jedoch oftmals defekt ist und keine kontinuierliche Energieversorgung gewährleistet. Für die Gesundheitserziehung und Sensibilisierung fehlt ein Projektor, um Videos über Tuberkulose und seine Auswirkungen zu zeigen.
Süd-Sudan | ![]() |
Fläche | 644.000 km² (7,5x so groß wie Österreich) |
Einwohner | 12,5 Mio. |
Bevölkerungsdichte | 19,45 Einwohner/km² |
Das St. Daniel Comboni Kleinspital besteht seit 1994 und ist eines von 14 Spitälern von AAA (Arkangelo Ali Association) im Südsudan. AAA engagiert sich für die Stärkung und Verbesserung der Lebensqualität von Menschen in schwer zugänglichen und unterversorgten Gebieten (wie Marial Lou) durch die Bereitstellung kostenloser Gesundheitsdienste, einschließlich TB-Betreuung, TB/HIV- und Leprabehandlung, mit dem Ziel, sie zu einem würdevollen und sozioökonomisch gesunden Leben zu verhelfen. Menschen mit einer dieser Krankheiten werden – neben dem körperlichen Leid – häufig stigmatisiert und aus der Gesellschaft ausgeschlossen.
8°01’57.2″N 29°10’56.6″E
https://goo.gl/maps/Caq2pKb58HozS4UT9
Diözese von Rumbek – Südsudan
Pan Door – Rumbek, Südsudan
Lieferung von Österreich im Oktober 2019
Installation und Inbetriebnahme im Dezember 2019
Das Projekt für die Loreto Schwestern in Rumbek soll die Schwestern sowohl mit einer unabhängigen Stromversorgung versorgen, aber auch die Laufzeit von ihrem Dieselgenerator minimieren.
Die Installation wurde im August 2011 von BBM-Experten fertiggestellt. Die Photovoltaikanlage besteht aus 45 Modulen und wurde an zwei vorbereiteten 6 Meter hohen Seecontainern befestigt. Der vorige Batterieraum wurde in ein Stromsteuerzentrum umgewandelt, in welchem die neuen Batterien (12 Geräte, 2V Zellen) und weiteres Equipment (Solarladeregler, Wechselrichter, Energieverteiler) untergebracht ist.
Für die Stromversorgung des Büros wurde ein kleineres System (4 Solarmodule, 1 Wechselrichter, 1 Solarladeregler, 2 Solarbatterien 12 V) installiert. Dies stellt sicher, dass der Büroalltag unabhängig vom Hauptsystem aufrechterhalten werden kann.
Land: | Südsudan |
Aufgabe: | Planung und Auslegung des Photovoltaiksystems, Lieferung aller benötigten Komponenten, Installation durch österreichische Experten und lokale Assistenz |
Installierte Modulleistung: | 45 Module mit je 80 Watt Leistung, 3600 Watt installierte Leistung des Solargenerators |
Batteriesystem: | 12 wartungsfreie 2V Gel-Batterien mit einer Kapazität von 2000 Amperestunden (Ah) |
zusätzliche Komponenten: | 2 Wechselrichter 3000 W/24 V, 2 Solarladeregler MPPT 60 A |
Projektpartner: | Diözese Rumbek |
Laufzeit: | November 2010 bis August 2011 |
als Diplomarbeit von Christoph Lachberger und David Kraler an der Fakultät für Architektur und Raumplanung der Technischen Universität Wien
finaziert durch / Auftraggeber: „Osttirol für Jalimo“ http://www.jalimo-hospital.at
Von der Grundlagenforschung bis zur Fertigstellung: Im Rahmen des in Kooperation mit dem Verein „Osttirol für Jalimo/Mondikolok“ realisierten Projekts Healthcare-Centre Mondikolok (Südsudan) wurden Planung und Bau der ersten Bauphase von Christoph Lachberger und David Kraler als Diplomarbeit an der Fakultät für Architektur und Raumplanung der Technischen Universität Wien durchgeführt.
Wir sind stolz Sie bei diesem Projekt begleitet zu haben und so einen Beitrag zum Gelingen beigesteuert zu haben.
„Waste?…Rubbish?…Trash?…Garbage?“ Mit einem großen Haufen Erdnüsse als Jause sitzen wir zwischen ein paar tukuls (traditionelle Lehmhütten) und fragen Samuel Kajowuya, wie er denn seinen Müll üblicherweise beseitigt. Wir scheitern.
Nicht an seinen Englischkenntnissen, sondern schlicht an der Tatsache, dass wir es nicht schaffen, ihm zu erklären, was wir mit Müll denn meinen. Erdnussschalen, Bananenschalen, Essensreste, gelegentlich vielleicht auch ein bisschen Holz oder Stroh: Was so anfällt, wird einfach fallen gelassen und täglich in die umliegenden Felder gekehrt. Eine Strategie, die Jahrhunderte lang gut funktioniert hat, doch mittlerweile gibt es auch hier Plastikflaschen, Getränkedosen, Schuhe, Batterien und Handys.
Der Müll liegt in den Feldern und auf den Straßen, doch weder in der Denkweise noch in der Sprache der Kuku-People ist er angekommen. Oft sind es derartige Kleinigkeiten und Missverständnisse, die uns zwischendurch wieder einmal bewusst machen, wie fern uns die lokale Kultur und Denkweise eigentlich sind – von Bau- und Lebensweise ganz zu schweigen. Doch gerade deshalb sitzen wir jetzt auf Kajowuyas Plastiksesseln, essen Erdnüsse, führen mit ihm das erste Interview unserer APD-Studie (=anthropological predesign study) und fragen, ob er uns in den nächsten Wochen als Übersetzer begleiten möchte.
Gemeinsam mit Kajowuya machen wir uns auf den Weg. In zahlreichen Gesprächen mit Bewohnern traditioneller compounds lernen wir die Bauweise, Kultur, Lebensweise und Wünsche der Kuku kennen. So auch den Traum vom permanent house, das im Gegensatz zu den traditionellen tukuls nicht von Termiten zerstört werden kann. Die Nachteile des permanenten Hauses werden dabei jedoch außer Acht gelassen: Das „moderne“ Mehrraum-Haus steht im konträren Gegensatz zur gewohnten Lebensweise unter freiem Himmel, die permanenten Materialien werden großteils nicht den klimatischen Bedingungen entsprechend eingesetzt und sind so teuer, dass sich Kleinbauern mit dem Hausbau finanziell vollkommen übernehmen – von den ökologischen Nachteilen der industriell gefertigten, aus Uganda importierten Materialien ganz zu schweigen.
Wir möchten es besser machen. Können wir mit dem Einsatz lokal vorkommender, natürlicher Materialien ein Healthcare-Centre bauen, das der Lebensweise der Kuku entspricht, sich in die durch ein diffuses Wegenetz verbundene Siedlungsstruktur einfügt, ein angenehmes Innenraumklima bietet und obendrein noch termitenresistent ist?
Auf Basis des vorgegebenen Raumprogramms und der Erkenntnisse der zuvor durchgeführten APD-Studie erarbeiten wir einen Entwurf und zugleich auch ein geeignetes Bausystem: Die völlige Entkopplung der Dachkonstruktion vom darunter liegenden Lehmbau bringt nicht nur Vorteile für das Innenraumklima und den Bauablauf in der Regenzeit, sondern stellt vor allem auch den ersten Schritt einer Strategie des konstruktiven Termitenschutzes dar. Durch die Zusammenfassung mehrerer schräggestellter Stützen zu einem Fußpunkt werden die potentiellen Angriffspunkte der flugunfähigen Insekten auf ein Minimum reduziert – die Stützenfüße werden in weiterer Folge noch mit stählernen „Termite Shields“ ausgestattet, sodass eine möglichst schwer zu überwindende Barriere entsteht.
Neben den klassischen Entwurfs-Medien wie Skizzen und Modelle in unterschiedlichen Maßstäben erweist sich vor allem auch die Möglichkeit, vor Ort Prototypen zu erstellen als geeignete Arbeitsweise: Beim eigenhändigen Bau des Prototypen eines Fachwerkträgers sowie bei der Entwicklung einer Lehm-Stahl-Verbunddecke im 1:1-Versuch kann auf die Gegebenheiten vor Ort bestmöglich eingegangen werden. Weiters stellt sich die enge Zusammenarbeit mit den gut ausgerüsteten Werkstätten des lokalen Projektpartners, den Comboni-Missionaren Lomin, als wesentliches Potential der Arbeit vor Ort dar.
Auch in der Umsetzung, die ab September 2013 gemeinsam mit einigen österreichischen Helfern und einheimischen Fach- und Hilfsarbeitern stattfindet, stellt sich die Nähe von Planern und Ausführenden sowie die Möglichkeit, selbst am Bau mitzuarbeiten als wesentlicher Vorteil heraus. So können Details direkt vor Ort erarbeitet und gegebenenfalls auch unterschiedliche Techniken ausprobiert werden. Vor allem im Bereich des Lehmbaus bietet das erstaunliche Wissen der ruralen Bevölkerung im Umgang mit den lokal vorkommenden Materialien ein großes Potential, sodass auf lokale Bautechniken aufgebaut werden kann – es entsteht ein Wissens- und Technologietransfer in beide Richtungen, bei dem wir nicht nur lokale Bautechniken verbessern, sondern vor allem auch selbst viel von unseren afrikanischen Arbeitern dazulernen können.
Blog: gelatat.wordpress.com
Die Diplomarbeit gibt es in ansprechender Buchform:
Infos zum Buch: https://gelatat.wordpress.com/buch/
Buchbestellung: http://www.iva-icra.org/deu/index.html –> unter ‚Publications‘